Neue Kürzung trifft gehbehinderte Menschen mit Behinderung

Haben Sie schon einmal vom Ausgleichstaxfonds gehört? Dieser Fonds wird vom Sozialministerium verwaltet und ist im Behinderteneinstellungsgesetz geregelt. Arbeitgeber müssen eine sogenannte „Ausgleichstaxe“ zahlen, wenn sie nicht für je 25 Arbeitnehmer einen Menschen mit Behinderung beschäftigen. Diese Taxe beträgt heuer zwischen 335 und 499 Euro monatlich, je nach Anzahl der Beschäftigten. Insgesamt kommen so im Jahr rund 180 Millionen Euro zusammen. Dieses Geld muss zweckgebunden für die „Förderung der beruflichen Integration und der Teilhabe für Menschen mit Behinderung“ verwendet werden. Rund 122.000 Menschen in Österreich haben den Status einer „begünstigt behinderten Person“, das heißt sie haben einen Grad der Behinderung von mindestens 50%.

Etwa 70% dieser Einnahmen werden aber wieder als Zuschüsse für Arbeitgeber ausgezahlt, zum Beispiel wenn diese einen Lehrling mir Behinderung einstellen. Ein kleiner Teil dieser Mittel, etwa 7 Millionen Euro, wird für einen Mobilitätszuschuss verwendet. Menschen mit Behinderung, denen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zugemutet werden kann – dieser Zusatzeintrag im Behindertenpass wird nicht leichtfertig vergeben – müssen mit dem eigenen Fahrzeug zur Arbeit anreisen. Dafür hat es bis zum vorigen Jahr 700 Euro im Jahr Zuschuss gegeben, also ausschließlich für gehbehinderte Menschen mit Behinderung über 50% die täglich mit dem eigenen Auto in die Arbeit gefahren sind.

Jetzt wurde bekannt, dass diese Förderung auf 355 Euro reduziert werden soll und vermutlich ab 2027 ganz aufgelassen. Dieser Zuschuss ist aber keine milde Gabe der Regierung, sondern eine Umsetzung der Forderungen der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung. Konkret werden diese Rechte unter anderem im österreichischen Behinderteneinstellungsgesetz umgesetzt. Behindertenorganisationen fordern zu Recht, dass es auf diese Unterstützungen einen Rechtsanspruch geben muss.

Ich persönlich kann jedenfalls nur sagen, dass ich über diese politische Entscheidung empört bin. Im Vergleich geringe finanzielle Mittel werden gehbehinderte Menschen mit voller Gewalt treffen, viele werden sich ihre Berufstätigkeit im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr leisten können. Sie werden von selbstbestimmten, erwerbstätigen Menschen wieder in die betreute Unselbständigkeit gezwungen. Eine Entwicklung, die durch die UN-Behindertenrechtskonvention genau verhindert werden sollte.

Um polemisch abzuschließen: schön, dass wenigstens die Parteienförderungen inflationsangepasst erhöht werden und genug Geld da ist, dass jedes Regierungsmitglied einen Propaganda-Fotografen mit nach New York nehmen kann.

Dr. Peter Pitzinger, Obmann-Stv. der Österreichischen Selbsthilfe Polyneuropathie

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